Große Zinsschritte sind immer eine heikle Angelegenheit. Die US-Notenbanker mögen vor zwei Wochen gehofft haben, mit der Senkung des Leitzinskorridors um 50 Basispunkte den Druck vom Tisch zu nehmen. Aber es besteht immer die Gefahr, dass ein großer Zinsschritt nur die Erwartung weiterer schneller Zinsschritte schürt. Mit anderen Worten: Die Fed wird den Geist, den sie mit der 50-Basispunkte-Maßnahme heraufbeschworen hat, nicht mehr los, wie Ulrich Leuchtmann, Leiter des Devisen- und Rohstoffresearch der Commerzbank, feststellt.
„Der überraschend große Zinsschritt im September wird nach wie vor weitgehend als Vorwegnahme der ohnehin für den weiteren Jahresverlauf erwarteten Zinssenkungen interpretiert, nicht aber als Zeichen eines grundsätzlich hohen Zinssenkungstempos. Nach wie vor dominiert die Interpretation, die durch die damaligen Äußerungen des Fed-Vorsitzenden Jay Powell nahegelegt wurde. Die Entscheidung der Fed hat die mittelfristigen Erwartungen nicht erschüttert“.
„Obwohl die Arbeitslosenquote im August kaum niedriger war als im Vormonat, lag die Quote der offenen Stellen mit 4,8 % wieder deutlich höher (Juli: 4,6 %). Das wiederum bedeutet, dass ein Teil der Arbeitslosigkeit strukturell (im Schaubild unten: als weit vom Ursprung entfernt) erklärt werden kann, vor allem als Mismatch-Arbeitslosigkeit; der konjunkturelle Teil der Arbeitslosigkeit - der Teil, den die Fed mit einer lockeren Geldpolitik bekämpfen könnte - ist fast so niedrig wie 2019.“
„Der Devisenmarkt reagiert kaum auf die Veröffentlichung der Statistik der offenen Stellen. Das bedeutet aber auch: Würde die Fed die Lage am Arbeitsmarkt zum Anlass für aggressive Zinssenkungen nehmen, wäre das wahrscheinlich genauso falsch wie im Sommer 2021, als sie nichts tat. Eine darauf basierende lockere Fed-Politik und eine daraus resultierende Dollarschwäche wären vermutlich nur von relativ kurzer Dauer“.