Ethereum (ETH) hält sich aktuell über der Marke von 1.900 US-Dollar und hat in den letzten 24 Stunden leicht zugelegt. Doch trotz dieses kleinen Aufbäumens bleibt der Druck auf die zweitgrößte Kryptowährung hoch. Seit dem Rückfall unter 2.200 US-Dollar am 9. März hat sich ETH nicht nachhaltig erholen können. Während der Gesamtmarkt im März nur rund 3 % verloren hat, ist Ethereum mit einem Minus von 12 % deutlich stärker unter die Räder gekommen.
Besonders besorgniserregend ist der Rückgang des Handelsvolumens auf dezentralen Börsen (DEX), die auf Ethereum laufen. Innerhalb einer Woche sind die Zahlen um satte 34 % eingebrochen – ein deutlicher Hinweis darauf, dass Trader zunehmend ausweichen. Und es trifft nicht nur das Ethereum-Mainnet: Auch Layer-2-Lösungen wie Arbitrum, Polygon und Base melden sinkende Volumina.
Während Ethereum weiterhin die Nummer eins bei DEX-Aktivitäten ist, gewinnt die Konkurrenz an Boden. Die BNB Chain verzeichnete ein wöchentliches Plus von 27 %, während Canto, ein eher unbekanntes Netzwerk, unglaubliche 445 % zulegen konnte. Besonders auffällig ist der Absturz einzelner Protokolle: Maverick Protocol verlor 85 % seines Handelsvolumens, DODO rutschte um 46 % ab.
Ein weiteres Alarmsignal: PancakeSwap, das ausschließlich auf der BNB Chain läuft, generierte in einer Woche 22,3 Millionen US-Dollar an Gebühren – mehr als Uniswap, das auf mehreren Blockchains, darunter Ethereum, Base, Arbitrum und Polygon, aktiv ist.
Auch wenn Ethereum mit 47,2 Milliarden US-Dollar nach wie vor das größte Total Value Locked (TVL) im DeFi-Sektor hat, schrumpft der Vorsprung. Allein in der vergangenen Woche fiel der TVL um 9 %, wodurch die Konkurrenz näher rückt.
Im Vergleich dazu verlor Solana in derselben Zeit nur 3 %, während die BNB Chain sogar Zuflüsse verzeichnen konnte. Auch auf Protokollebene sieht es nicht besser aus: Stargate Finance rutschte um 11 % ab, die Einlagen bei Maker sanken um 9 %, und Spark verzeichnete einen Rückgang von 6 %.
Die schwachen On-Chain-Daten spiegeln sich auch in den ETH-Futures wider. Das Interesse an gehebelten Long-Positionen nimmt spürbar ab, was sich in der Futures-Prämie zeigt. Diese lag lange stabil über 5 %, ist aber mittlerweile auf 3 % gefallen – der niedrigste Wert seit über einem Jahr. Das deutet darauf hin, dass Trader weniger Vertrauen in eine baldige Erholung haben.
Institutionelle Investoren scheinen ebenfalls zurückhaltender zu werden. Seit dem 5. März sind aus Ethereum-ETFs netto 293 Millionen US-Dollar abgeflossen. Im Vergleich dazu verzeichnete Bitcoin in diesem Zeitraum nur einen Rückgang von 2,35 %. Besonders alarmierend: Die Nettozuflüsse in Ethereum-ETFs sind im März um 9,8 % auf 2,54 Milliarden US-Dollar gesunken.
Trotz aller negativen Signale gibt es aus technischer Sicht auch Lichtblicke. Einige Analysten sehen Muster, die auf eine mögliche Trendumkehr hindeuten. Mister Crypto etwa verweist auf eine fünf Jahre alte Trendlinie, an der Ethereum derzeit aufsetzt – eine Linie, die in der Vergangenheit oft als stabile Unterstützung gedient hat.
Vergleichbare Muster gab es zuletzt während des Corona-Crashs 2020. Damals folgte eine starke Erholungsrallye. TraderPA ergänzt, dass Ethereum derzeit stark überverkauft sei. Der wöchentliche Stochastic Relative Strength Index (RSI) deutet ebenfalls darauf hin, dass eine Erholung bevorstehen könnte.
Allerdings gibt es auch bärische Signale: Das ETH/BTC-Paar bildet derzeit eine sogenannte Bärenflagge – eine charttechnische Formation, die in der Regel mit einem weiteren Kursrückgang endet. Sollte sich dieses Muster bestätigen, könnte ETH im April um weitere 15 % auf 0,01968 BTC fallen.
Ethereum steht unter Druck – und das nicht nur wegen schwacher Marktdaten. Die Konkurrenz wird zunehmend aggressiver. Solana hat sich als neue Heimat für Memecoins etabliert und zieht mit günstigen Transaktionskosten immer mehr Nutzer an. Tron und Solana verwalten gemeinsam mittlerweile Stablecoins im Wert von 75 Milliarden US-Dollar, was Ethereum weiteres Kapital entzieht.
Doch das ist nicht das einzige Problem. Hyperliquid, eine neue Handelsplattform für Perpetual Futures, hat eine eigene Blockchain gestartet und setzt Ethereum damit zusätzlich unter Druck. Parallel dazu gibt es innerhalb der Ethereum-Community hitzige Debatten darüber, ob extrem niedrige Rollup-Gebühren nicht zu einer Fragmentierung des Netzwerks führen könnten.
Die große Frage bleibt: Kann Ethereum seinen Vorsprung verteidigen? Die Antwort könnte im kommenden Pectra-Upgrade liegen. Dieses Update muss klare Verbesserungen bringen, um die Plattform wieder wettbewerbsfähig zu machen. Derzeit ist Ethereums Staking-Rendite mit inflationsbereinigten 2,4 % wenig attraktiv für Investoren, die gezielt nach Rendite suchen.
Marktbeobachter sind sich einig: Ethereum braucht dringend ein echtes Alleinstellungsmerkmal, um sich gegen seine immer agilere Konkurrenz zu behaupten. Ohne spürbare Fortschritte bei Skalierbarkeit, Gebühren und Nutzererfahrung läuft Ethereum Gefahr, von effizienteren Netzwerken überholt zu werden.
Ethereum steht vor einer entscheidenden Phase. Während die Plattform in vielen Bereichen noch führend ist, mehren sich die Warnsignale. Sinkende Handelsvolumina, abnehmende Kapitalflüsse, eine schwache Futures-Nachfrage und wachsender Konkurrenzdruck setzen Ethereum zunehmend unter Zugzwang.
Ob das Pectra-Upgrade den Umschwung bringt, bleibt offen. Sollte Ethereum es nicht schaffen, spürbare Fortschritte bei Gebühren, Effizienz und Nutzerfreundlichkeit zu erzielen, könnte es schwer werden, den bisherigen Vorsprung zu halten. Anleger sollten die Lage genau beobachten – Ethereum könnte sich entweder erneut als dominanter Akteur behaupten oder weiter Marktanteile an schneller wachsende Netzwerke verlieren.