Es macht mehr Spaß, Währungen von Ländern zu traden, zu denen man eine emotionale Verbindung hat. Dies hat auch den Vorteil, dass man sich über diese Länder informiert, was für das Trading von Forex immer sehr hilfreich ist.
Ein Land, deren Einwohner viele Menschen im deutschsprachigen Raum gut kennen, ist Polen. Besonders in Deutschland leben viele Polen. Nach den türkischen Staatsbürgern sind sie mit fast 800.000 Menschen die zweitgrößte Gruppe der Ausländer in Deutschland. Hinzu kommen noch die vielen ehemals polnischen Familien, die bereits in der zweiten Generation in Deutschland leben.
Ich hatte immer polnische Nachbarn in Deutschland, egal wo ich lebte, und auch jetzt ist es nicht anders. Als ich meinem polnischen Nachbarn erzählte, dass ich mich zurzeit mit Trading-Möglichkeiten des Złotys mit dem Euro beschäftige, riet er mir, bei der polnischen Währung pessimistisch zu sein.
Seine Gründe waren die neue Regierung, die nur aus „Marionetten der EU“ besteht, aber vor allem, weil der Krieg in der Ukraine auf Polen überschwappen könnte.
Das sind möglicherweise gute Gründe, aber als Wirtschaftswissenschaftler gehe ich solche Fragen methodischer an.
Beginnen wir unsere Analyse des Euro und Zloty zunächst mit der aktuellen Lage der polnischen Währung im Vergleich zur europäischen.
Euro-Złoty-Kurs heute
Polen ist zwar seit 2004 Teil der Europäischen Union, hat den Euro aber noch nicht als Währung eingeführt. Bis es so weit ist, können wir den polnischen Złoty also noch gegen den Euro traden.
Das Kürzel für den polnischen Złoty ist PLN, vielleicht weil man so den Strich durch das L in Złoty vermeiden wollte.
Man bekommt aktuell (Anfang Dezember 2024) 4,30 Złoty für einen Euro und abgesehen von den Börsenkrisen in den Jahren 2001 und 2008 lag der Kurs seit 1998 bei etwas über 4 PLN für einen EUR.
Das sieht auf den ersten Blick nicht sehr spannend für Trader aus, aber vielleicht hat mein Nachbar recht und man sollte im EUR-PLN Long gehen, also darauf setzen, dass der Euro gegenüber dem Złoty steigt.
Das Chartbild des EUR PLN erzählt jedoch eine andere Geschichte, denn obwohl der Euro gegenüber dem Złoty nach Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich gestiegen ist, fällt er seit etwa sechs Monaten.
Was hat sich geändert? Macht die neue Regierung in Polen vielleicht doch keinen so schlechten Job? Ist der Krieg in der Ukraine für das benachbarte Polen nicht mehr gefährlich? Schauen wir uns also einmal an, welche Faktoren den Złoty beeinflussen und ob es irgendwelche Nachrichten gibt, die für seine aktuelle Stärke verantwortlich sind.
News und Einflussfaktoren auf den EUR-PLN
Wie bei jedem Währungspaar gibt es beim EUR-PLN zwei Seiten der Medaille, die europäische und die polnische. Da eine Währung die Stärke einer Volkswirtschaft widerspiegelt, gilt es die Faktoren zu beachten, die diese Stärken messen.
Die sechs folgenden Faktoren sind für jeden Wechselkurs relevant und wir werden sie uns für unser Währungspaar im Detail ansehen:
Inflation
Die Inflation in Polen lag 2023 bei 10,9 %, was ziemlich hoch war. Bis November 2024 hat sich die jährliche Teuerungsrate jedoch deutlich verringert und die EU-Kommission schätzt, dass die polnische Inflation für das Jahr 2024 bei 3,8% liegen wird. Für das Jahr 2025 wird in Polen eine Inflationsrate von 4,7% prognostiziert.
In der EU lag die Inflation 2023 bei 6,3 % und sie soll bis Ende 2024 laut Schätzung der EU-Kommission bei etwa 3,0 % liegen und dann 2025 noch niedriger bei 2,5 %.
Daraus wird ersichtlich, dass für das Jahr 2024 zwar sowohl für Polen als auch die EU ein Inflationsrückgang erwartet wird, es im Jahr 2025 in der EU jedoch zu einem Inflationsrückgang kommen könnte, während für die polnische Inflationsrate ein erneuter Anstieg erwartet wird.
Zinssätze
Die Zinssätze in Polen stehen zurzeit bei 5,75 % und nach Angaben der polnischen Zentralbank sollen sie auf diesem Niveau verbleiben, solange die Inflations erhöht ist.
Im Allgemeinen erhöhen höhere Zinssätze den Wert der Währung eines Landes. Höhere Zinssätze ziehen tendenziell ausländische Investitionen an, was die Nachfrage nach der Währung des Heimatlandes und deren Wert erhöht.
In Europa hingegen liegt der Leitzins heute bei 3,4 % und soll nach Schätzungen der LBBW bis Ende 2025 unter 2,0% betragen. Hier scheint Polen mit seinem höheren und stabileren Leitzins die Nase vorn zu haben.
Staatsschulden
Das Schuldenrating eines Landes ist ebenfalls ein Faktor, der den Wechselkurs der Währung beeinflusst. Projekte des öffentlichen Sektors erfordern manchmal eine umfangreiche Defizitfinanzierung, die die Binnenwirtschaft ankurbelt.
Ausländische Investoren sind jedoch weniger geneigt, in Ländern mit hohen öffentlichen Defiziten und Staatsschulden zu investieren.
Die Verschuldung in Polen erreichte bis zum ersten Quartal 2024 über 444 Milliarden US-Dollar, was einem Anstieg von knapp 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Es besteht ein deutlicher Aufwärtstrend in diesem Bereich.
Politische Stabilität
Die neue Regierung, die im Dezember 2023 ihr Amt antrat, steht vor großen Herausforderungen, vor allem bei der Verbesserung der Qualität der Institutionen, insbesondere der Rechtsstaatlichkeit.
Auch das polnische Wirtschaftsmodell steht am Scheideweg: Es erfordert eine Steigerung der Produktivität durch die Förderung von Innovationen, die Dekarbonisierung des Energiesektors, die Bekämpfung der zunehmenden Ungleichheit sowie die Umschulung und Höherqualifizierung der Arbeitskräfte vor dem Hintergrund einer rasch alternden Bevölkerung.
Die polnische Regierung genießt jedoch ein hohes Maß an Unterstützung, da ein Großteil der Bürger dem Bündnis rund um Ministerpräsident Donald Tusk positiv gegenübersteht.
In Europa standen zudem im Jahr 2024 die Wahlen für die EU an, die richtungsweisend für die gemeinsame Währung waren. Hierbei konnten die euroskeptischen und rechten Parteien zwar deutliche Zuwächse verzeichnen. Diese erreichten jedoch nicht das erwartete Ausmaß.
Trotz der Zugewinne dieser Parteien blieb eine pro-europäische und zentristische Mehrheit intakt. Trotzdem stellen die Zugewinne der euroskeptischen Parteien weiterhin eine Herausforderung dar.
BIP
Nach Angaben des EU-Kommission wird das BIP-Wachstum im Jahr 2024 bei 3,0 Prozent und im Jahr 2025 bei 3,6 Prozent liegen. Die Arbeitslosenquote wird eine der niedrigsten in der gesamten Europäischen Union bleiben. Bis Ende 2024 soll die registrierte Arbeitslosenquote 2,9 Prozent betragen. Bis Ende 2025 soll sie sogar nochmals auf 2,8 Prozent sinken. Zum Vergleich: In der Eurozone liegen die Werte für 2024 bei 6,5 Prozent und für 2025 bei 6,3 Prozent.
In einer EU-Wirtschaftsprognose vom November 2024 wurde prognostiziert, dass die Wirtschaft der Union auch im Jahr 2024 nur geringfügig wachsen wird, wobei für die Eurozone ein Wachstum von 0,8 % im Jahr 2024 bzw. 1,3 % im Jahr 2025 erwartet wird.
Der schwache Konsum und die schwache Auslandsnachfrage sowie die besondere Unsicherheit im politischen Umfeld beeinträchtigen das Vertrauen der Investoren und bremsen damit die Erholung der europäischen Wirtschaft. Nach der US-Wahl Donald Trumps und den angekündigten Strafzöllen für Handelspartner wie die Eurzonen-Staaten könnte das erwartete BIP-Wachstum nochmals nach unten korrigiert werden.
Krieg in der Ukraine
Der Krieg im Osten Europas wirkt auf die EU genauso wie auf Polen, das direkt an die Ukraine und an Weißrussland, dem Verbündeten Russlands, grenzt. So gut wie alle Länder Europas haben ihre Militärausgaben in den letzten zwei Jahren hochgefahren, was ihre Budgets belastet. Hinzu kommen Millionen von ukrainischen Flüchtlingen, die ebenfalls versorgt werden müssen.
Als direkter Nachbar, wiegen diese Faktoren jedoch stärker auf Polen und je länger sich der Krieg hinzieht, desto schwerer werden diese Kosten zu tragen.
Diese sechs Faktoren sollten Trader des EUR-PLN besonders im Auge behalten und sie in ihre fundamentale Trading-Strategie integrieren.
Euro-Złoty-Kurs-Prognose für 2025
Wir haben im vorigen Kapitel bereits etwas in die Zukunft geschaut und jetzt betrachten wir, wie sich diese fundamentalen Daten, zusammen mit dem technischen Bild, auf den Kurs des EUR-PLN auswirken können.
Wie oben beschrieben, sind Polen und die Europäische Union wirtschaftlich eng miteinander verbunden und sehen sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Diese Ähnlichkeit und Verflechtung der beiden Währungen spricht für eine Seitwärtsbewegung des Wechselkurses EUR-PLN, denn was positiv auf die eine Währung wirkt, wirkt oftmals auch positiv auf die andere und umgekehrt.
Aus technischer Sicht zeigt der Graph, dass der Euro- Złoty Kurs im letzten Jahr gefallen ist, es seit September 2024 aber zu einer Aufwertung des Euro gegenüber dem Złoty gekommen ist. Dies könnte eine Trendwende ankündigen, vor allem, weil der Kurs im September 2024 von einem signifikanten Tief abgeprallt ist.
Analysten sind unterschiedlicher Meinung, wie es weitergehen wird. Während es einige Analysten gibt, die mit einem Abschwung in Richtung der Marke von 4,19 EUR/PLN rechnen, gibt es auf der anderen Seite auch Euro-Złoty-Kurs-Prognosen, die Werte von 4,47 EUR/PLN erwarten. Eine Statista-Analyse geht hingegen von einem stabilen Wechselkurs von 4,28 EUR/PLN aus.
Aufgrund der oben erwähnten Faktoren wie BIP, Inflation, Zinssätze, Staatsschulden und geopolitische Entwicklungen gibt es im Rahmen der Euro-Złoty-Kursprognose sowohl Argumente für eine Abwertung des Euro gegenüber dem Złoty, aber auch für eine Aufwertung und eine Seitwärtsbewegung.
Für eine Abwertung des Euro gegenüber dem Złoty sprechen die höheren Leitzinsen, das stärkere BIP-Wachstum und die niedrigere Arbeitslosenquote.
Für eine Aufwertung des Euro sprechen hingegen die geringere Inflation in der Eurozone und der weniger starke Anstieg der Staatsverschuldung.
Für eine Seitwärtsbewegung spricht, dass sich die oben genannten Aspekte ausgleichen könnten und beide Währungen den gleichen geopolitischen Risiken unterliegen.
Für Anleger gilt daher, dass es im Jahr 2025 beim EUR/PLN-Währungspaar in jegliche Richtung gehen kann. Anhand des Kursverlaufs im Jahr 2024 war erkennbar, dass es trotz der jährlichen Seitwärtsbewegung unterjährig teilweise zu starken Kursschwankungen kam.
Diese Kursschwankungen zeigen, dass das Währungspaar durchaus riskant ist, bietet aber oftmals interessante Trading-Setups für aktive Investoren.
Zudem könnte das Währungspaar aufgrund der prognostizierten Seitwärtsbewegung und dem deutlichen Unterschied der Leitzinsen auch für Trader mit einer Carry-Trade-Strategie in Frage kommen kann. Auch hier gilt jedoch, dass jeder Anleger immer selbst entscheiden muss, wie er mit einem Investment verfahren möchte.
EUR/PLN Echtzeit-Daten:
*Kleine Forex-Investitionen ab $1, Ein- und Auszahlungen in Euro möglich*
Fazit für den Euro-Złoty-Kurs
Nach unserer Analyse des Währungspaars EUR-PLN könnte ich meinem polnischen Nachbarn bei seiner pessimistischen Prognose für den Złoty nicht ganz recht geben, da der Złoty im Jahr 2024 gegenüber dem Euro aufwerten konnte und es durch die höheren Zinsen, das erwartete BIP-Wachstum und die geringe Arbeitslosenquote Argumente für weitere Aufwertungen der polnischen Währung gibt.
Mit der erhöhten Inflation und den weiteren geopolitischen Risiken gibt es aber auch Aspekte, die gegen den Złoty sprechen.
Da die Analysten keine klare Tendenz für den Euro gegenüber dem Złoty haben, sollte man als Trader ebenfalls vorsichtig vorgehen. Bei einer Seitwärtsbewegung mit leichtem Druck nach oben, kann man bei Tiefs Long gehen und entweder kurzfristig beim nächsten Hoch wieder aussteigen oder langfristig auf eine Trendwende setzen.
Die täglichen Ranges des EUR-PLN sind nicht besonders groß, was ein relativ entspanntes Trading erlaubt. Aber auch wenn dieses Währungspaar keine spektakulären Trades begünstigt, kann sein Trading für interessanten Gesprächsstoff mit polnischen Nachbarn und Freunden dienen.
Welche Faktoren beeinflussen den EUR-PLN Wechselkurs?
Wie kann man in den EUR-PLN Wechselkurs investieren?
Wie steht es um die politische und wirtschaftliche Lage in Polen und deren Einfluss auf den Złoty?
Dieser Text spiegelt lediglich die persönliche Meinung des Autors wider. Leser sollten diesen Artikel nicht als Grundlage für Investitionen betrachten. Bevor Sie eine Investitionsentscheidung treffen, sollten Sie den Rat eines unabhängigen Finanzberaters einholen, um sicherzustellen, dass Sie die Risiken verstehen. Differenzkontrakte (CFDs) sind Hebelprodukte, die zum Totalverlust Ihres Kapitals führen können. Diese Produkte sind nicht für jeden geeignet, investieren Sie daher vorsichtig. Für weitere Details informieren Sie sich bitte.